Baugeschichte/Äußeres:

Der altehrwürdige Pfarrwidum von Fügen steht auf romanischen Grundmauern. Der heutige Bau mit seinen unteren Teilen wurde unter Christoph von Schrofenstein (Pfarrer von Fügen 1495 bis 1521, seit 1509 Bischof von Brixen) um 1500 errichtet.  Nach einem Brand am 30.06.1707, welcher das obere Stockwerk des Schrofensteinschen Widums vernichtete, wurde das Gebäude bis 1711 wieder aufgerichtet, allerdings grundlegend umgestaltet und erweitert. Die wohl markanteste Änderung war die Erweiterung des Widums nach Osten, durch ein dreiachsiges und zweistöckiges Baukompartiment, wodurch der Widum (der bisher alleinstehend war) und die Kirche baulich miteinander verbunden wurden.  Der Widum wurde 1963 renoviert. Josef Haun, Kirchenmaler aus Fügen, legte an der Nordfassade die Figur der Immaculata frei. Datiert ist das Fresco mit 1711. Rechts oberhalb der Immaculata, vor einem wolkenumgebenden Strahlenkranz, unterhalb der Erdkugel in einer Kartusche das Wappen des Erneuerers des Widums, des Dekan Dr. theol. Martin Kreuzweger (1703 – 1715): ein schreitender, weißer Löwe mit einem schwarzen Tatzenkreuz in den Pranken.  Bei den Arbeiten wurden über dem Nordportal Wappen freigelegt: bekrönter Schild mit dem österreichischen Doppeladler und der seitlichen Jahreszahl 1711; in goldenen Kartuschen mit angehängten Lorbeerfestons links das Wappen des Bistums Brixen, rechts der Tiroler Adler. Diese Wappen weisen darauf hin, dass das Widum eine tirolische Enklave im Salzburgischen war.

Widum_Anita_Buttenhauser_2014

Das Untergeschoß birgt einen großartigen, kreuzgradgewölbten Vorraum aus der Zeit um 1500. Das Obergeschoss den vornehm anmutenden, breiten, mit einem gedrückten Klostergewölbe versehenen Gang, welcher in den hohen, 1705 datierten, Kreuzwegersaal führt.

Der Boden im Bereich des Ganges und des Kreuzwegersaales ist eine Besonderheit, wie diese nur mehr in Stift Stams vorkommt: es handelt sich um verschieden geformte, gefärbelte Betonelemente.

Widum_Gruess_Gott

Kunstgegenstände im Eingangsbereich:

Eingangshalle:

Ölgemälde 225 x 180 cm „Kreuznagelung Christi“:  2. Hälfte des 18. Jhd., das wohl aus einer Stationsbildfolge stammende Bild ist von hoher Qualität und jetzt in der Eingangshalle des Pfarrwidums zu sehen. Leider ist die durch das Denkmalamt veranlasste REsurierung in Wien nicht gerade glücklich ausgefallen.

Büsten der Hl. Bischöfe Martin und Nikolaus:  die um 1500 entstandenen spätgotischen Bischofsbüsten auf niederen Barockpostamenten stammen ursprünglich aus der Pfarrkirche (der linke Seitenaltar war ja früher dem Hl. Nikolaus und der Hl. Katharina geweiht). Leider fehlen heute die speziellen Attribute (die Gans auf dem Buch des Hl. Martin und die goldenen Kugeln auf dem Buch des Hl. Nikolaus). Als Urheber käme ein Bildschnitzer aus dem Umkreis von Brixen wohl am ehesten in Betracht. Sie befinden sich unterhalb des Ölgemäldes der Kreuznagelung Christi, oberhalb einer Renaissancekommode (wohl aus der ehem. Sakristei stammend).

Glocke, Bronzeguss mit der Darstellung der Muttergottes, von Marienberg stammend mit der Aufschrift +GOS MICH AUGUSTIN VIDAL ZU INNSBRUCK 1763;

Ölbild des Hl. Antonius von Padua in einem hochovalen, vergoldeten Rahmen mit neubarockem Schnörkelwerk (Anfang 20. Jhd.)

Pfarrer Gerst ließ während seiner Amtszeit auch die Toiletten für den Jugendraum und jene für den Pfarrsaal von grund auf erneuern.

Nach Süden hin gelangt man in die Pfarrküche und das Pfarramt/Pfarrbüro, welchem sich ein herrlicher großer Garten – ein Ort der Ruhe – anschließt.

Fügen Widum Gang OG

Kunstgegenstände im Obergeschoß:

Gewölbegang Obergeschoß:

Votivbild des Martin Nissl und seiner Frau Waltbrug Nail (Großvater des Fügener Bildhauers Franz Xaver Nissl), datiert 1716.

12 Medaillons mit Szenen aus dem Leben Christi und Mariens (Rosenkranzgeheimnisse), um 1700, Öl auf Holz, Rahmen und Bildträger sind aus einem Stück Holz gearbeitet.

Portraits (Öl auf Leinwand) im Kreuzwegersaal und Gewölbegang:

Brixner Fürstbischöfe: Paulinus Mayr (1677),  Caspar Ignaz Graf Künigl (Ende 18. Jhd), Leopold Graf von Spaur (Ende 18. Jhd.) Joseph Graf Spaur (Anfang 19. Jhd.), Franz Karl Graf von Lodron (1. Hälfte 19. Jhd.), unbekannter Bischof (1. Hälfte des 18. Jhd.);

Salzburger Erzbischöfe: Kardinal Johannes Ernst Graf Thun (Mitte 18. Jhd.), Siegmund III. Graf Schrattenbach (Ende 18. Jhd.), Leopold Anton Eleutherius Freiherr von Firmian (2. Hälfte des 18. Jhd.), Hieronimus Graf von Colloredo ( 1. Hälfte des 19. Jhd.);

Portrait des Bischofs von Chiemsee: N. Fürst von Zeil, Administrator des Erzbistums Salzburg (Anfang 19. Jhd.)

Kreuzwegersaal Obergeschoß:

Wappen:  um 1705, stuckierter, geschwungener Wappenschild mit gefärbeltem Wappen des Martin Kreuzweger, am nördlichen Gesims des Barocksaales;

2 Seitenbilder des ehem. spätgotischen Michaelaltares – Erzmärtyrer  Hl. Stephanus und Hl. Laurentius: um 1500, die beiden Protomärtyrer stehen in Nischen, die oben mit Baldachinen, welche reich verziert mit spätgotischem Dekor sind, abgeschlossen werden. Das von rechts einfallende Licht lässt diese Architektur plastisch hervorheben. Der Hl. Stephanus (links) in einer olivgrünen, rotgefütterten Dalmatika über dem weißen Chorgewand, hält mit der rechten Hand in seinem gerafften Gewand blutverschmierte Steine und blutet von seinem Haupt. Der Hl. Laurentius (rechts) gleich gekleidet wie Stephanus, nur seine Dalmatika ist rot, stützt sich mit der linken Hand auf sein Marterwerkzeug, einen schwarzen Rost. Beide halten als Zeichen ihres Märtyrertums einen grünen Palmwedel. Diese beiden Tafeln waren ehemals seitlich des 1623 gestifteten Renaissancealtares in der Michaelskapelle fixiert. Vermutlich stammen diese vom Vorgängeraltar.

Großes Kruzifix /Franz Seraphicus Nissl 1844) mit Assistenzfiguren (wohl um 1800) , Holz – gefasst. Spätbarocker Sekretär um 1740 mit Tabernakelschrank, Holz mit Einlegearbeiten; Waldreich Bibliothek Obergeschoss:

Dekan Waldreich hat sich ein bleibendes Denkmal in Fügen gesetzt. Schon seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert besaß die Pfarre Fügen eine Bibliothek, die in einer der beiden Sakristeien untergebracht war. Waldreich ließ nun in einem Zimmer des Widums eine eigene Bibliothek einbauen. Die Schranktüren bestehen aus Holzrahmen, die mit einer festen, bemalten Leinwand bespannt sind. In der obersten Türreihe ließ er eine Reihe von Portraits seiner Ahnen anbringen. Die Bibliothek umfasst zumeist theologische Werke und solche über Kirchenrecht und -geschichte, Lexika und antike Schriftsteller. Unter anderem befindet sich darunter eine griechische Ausgabe des Homer aus dem Jahr 1572. Von Walreich stammt schließlich auch die Reihe von 11 Bildern von Brixner und Salzburger Bischöfen aus dem Zeitraum 1745 bis 1809. Die Fügener Waldreichbibliothek ist einzigartig für eine Landpfarre und wartet dringend auf eine fachgerechte Renovierung.

Kirchenarchiv:

Das Taufbuch beginnt im Jahr 1595, das Sterbebuch 1634, das Trauungsbuch 1641. Die kanonischen Bücher behandeln in ihren älteren Teilen auch die Pfarren, die früher zu Fügen gehört haben.

 Weitere Räumlichkeiten:

Im östlichen Halbgeschoss befindet sich der Pfarrsaal, in welchem 4 Ölgemälde aus dem glorreichen Rosenkranz – ursprünglich die Bilder der Geheimnisträger bei den Prozessionen – hängen. Ebenso befinden sich dort auch 4 Halbreliefs der Kirchenväter (ursprünglich am Hochaltar der Kirche angebracht). Durch den Pfarrsaal kommt man auf die Chorempore der Dekanatspfarrkirche und in die Pfarrstube. In der gemütlichen Zirbenstube befindet sich ein großes Kruzifix aus der 1. Hälfte des 16. Jhd. und ein Ölgemälde der Maria Immaculata aus dem 19. Jhd.. Im nördlichen Halbgeschoss ist derzeit ein Raum für die Jungschar und die Frauenrunde untergebracht.

 Keller:

In den uralten romanischen Kellergewölben war eine Zeit lang das Pfarrcafé untergebracht. Jetzt dienen diese Räume wieder der Lagerhaltung. Der östlichste Kellerraum ist von der Decke mit den alten Balken, über die Wände bis zum Boden rein romanisch – eine Seltenheit in unserem Land.

Fassade:

Die Nordfassade des Widums steht unter Denkmalschutz. Der Kirchenmaler und Restaurator, Gebhard Ganglberger aus Umhausen, hat unter  Vorgabe der Fassung aus dem Jahre 1711, die Restaurierung des östlichen Teiles der Nordfassade durchgeführt. Auch die Fassadenmalerei aus dem Jahre 1711, Fenster mit Rahmung und Geschoßbänder sowie die Ochsenaugen im Dachgeschoss sind jetzt wieder sichtbar.

Es ist ein schönes Bild, wenn man in Fügen vom Dorfplatz her zur Kirche kommt und diesen stattlichen Pfarrhof, dessen Grundmauern vor ca. 1000 Jahren gelegt wurden, sieht.

Die Umsetzung konnte aus Mitteln der Pfarrpfründe mit Zuschüssen von Land, Denkmalamt und Diözese erfolgen und kam auch bei dieser Maßnahme wieder Geld aus den Erlösen des Fügener Krapfenteams zum Einsatz. Der westliche Teil der Nordfassade wartet noch auf entsprechende Arbeiten.

Dach:

Nach einer Bauaufnahme mit Bauforschung im Jahre 2015 wurde festgestellt dass eine Teilerneuerung des Daches umgesetzt werden muss, da die derzeitigen Dachplatten auf der Südseite noch aus der Vorkriegszeit stammen und derart desolat sind, dass kein Aufschub mehr möglich ist, um die Bausubstanz nicht noch mehr zu schädigen. Im Jahr 2018 wurden diese Arbeiten durchgeführt und – wie vom Denkmalamt vorgeschrieben – das Dach mit handgefertigten Betonplatten neu eingedeckt. Die Arbeiten führte die Firma Werlberger aus Wörgel aus.  Die teilweise erneuerten Holzteile wurde durch die Malerei Baumann, Fügen, gefärbelt. die Gesamtkosten betrugen € 82.000,00.

 Weitere Gebäude mit Zugehörigkeit zur Pfarre/Widum Fügen:

Leider ist ein von Dekan Wexlberger erbautes, beheizbares Glashaus mit einer Orangerie (20 Limonenbäume), welches an die Widums-Pfiste angebaut war, nicht mehr vorhanden.

Die Widums Pfiste wurde an die Gemeinde Fügen zur Unterbringung des Heimatmuseums verkauft und von dieser renoviert.

Der Widumsstall mit Treschtenne – jetzt Haus und Geschäftslokal der Fam. Baumann – ist leider nicht mehr erhalten geblieben.

Das Mesnerhaus wurde umgebaut; es befinden sich jetzt ein Geschäftslokal der Sparkasse Schwaz und mehrere Wohnungen darin.

    (Bilder u. Quellennachweis: Kirchenarchiv Fügen; Dorfbuch Fügen von Heinz Moser – Gemeinde Fügen; Fügen und Fügenberg, eine Häuser- und Höfegeschichte von Hans Mair, Schlern-Schriften 260)